Trauma-sensibles Empowerment: Was ist das eigentlich? Welche Unterstützung können Dir Achtsamkeit und Stärkenorientierung bieten, wenn traumatische Erlebnisse Teil Deiner Lebensgeschichte geworden sind? In diesem Beitrag skizziere ich, welche speziellen Anforderungen an das trauma-sensible Empowerment gestellt werden sollten und in wie fern das Mindfulness-Based Strengths Practice (MBSP) für Dich eine nachhaltige Unterstützung im Alltag darstellen kann.
Die meisten Menschen, deren Leben (früh) durch traumatische Erfahrungen eine abrupte Wendung nahm, berichten von langfristigen Folgen in ihrer Biografie. Genauso grundverschieden wie die Menschen, ist auch deren Coping-Strategien, um mit dem Erlebten fertig zu werden. Dies ist ein lebenslanger und oftmals schmerzhafter Prozess. Neben Folgen wie der posttraumatischen Belastungsstörung, gibt es auch das posttraumatische Wachstum.
Wenn es Betroffenen gelingt, das Gefühl der Machtlosigkeit und das Durchlittene zu verarbeiten und ins Leben zu integrieren, können sie durch ihren Erfahrungen psychologisch gestärkt werden. Voraussetzung ist, den psychischen Belastungen ihren Platz im Leben einzuräumen, Stichwort Kohärenzerleben. Wachstum und Neuausrichtung erfordern Mut, Kraft und vor allem eine kompetente, in der Regel psychotherapeutische, Begleitung.
Empowerment heißt auf Deutsch: Ermächtigung, Befähigung, Aktivierung, Stärkung. Dabei geht es um die Abkehr von defizitären Perspektiven – ohne das erlebte Leid zu ignorieren. Es geht um die Stärkung der eigenen psychischen Integrität und Stabilität. Das Ziel ist, Betroffenen die Hoheit über ihr Leben zurückzugeben und ihre Selbstbestimmung zu fördern. Gerade nach traumatischen Erlebnissen wird diese Unterstützung als große Hilfe bei der Verarbeitung empfunden.
Beim trauma-sensiblen Empowerment sind 5 Prinzipien grundlegend:
- Sicherheit: Jedwede Unterstützung muss Sicherheit gewährleisten. Betroffene müsssen sich physisch und emotional sicher fühlen, egal ob offline oder online. Es ist elementar, einen sicheren und geschützten Raum zur Verfügung zu stellen.
- Transparenz und Vertrauen: Grundlage ist die offene Kommunikation sowie klare Informationen. Verlorengegangenes Vertrauen muss behutsam wieder aufgebaut werden, um wirksam nachhaltige Veränderungen ermöglichen zu können.
- Wahlmöglichkeiten und Kontrolle: Betroffenen brauchen zu jeder Zeit Entscheidungsfreiheit. Gerade das Bedürfnis nach Autonomie ist durch traumatische Erlebnisse beschädigt worden. Wichtig ist es, zu jeder Zeit die Autonomie zu stärken.
- Kollaboration und gegenseitige Unterstützung: Trauma-sensibles Empowerment fördert den Austausch zwischen Betroffenen sowie der Unterstützenden.
- Kulturelle Sensibilität: Die Anerkennung von und Respekt für kulturelle, geschlechtsspezifische und individueller Unterschiede sind beim trauma-sesiblen Empowerment das A & O.
Das MBSP-Programm (Mindfulness-Based Strengths Practice) kann in diesem Kontext eine unterstützende Rolle spielen. Schließlich geht es dabei um ein Achtsamkeitsprogramm, das systematisch die Ausprägung der persönlichen Charakterstärken mit einbezieht. Die skizzierten Grundpfeiler des Empowerments sind dem MBSP inhärent.
MBSP kann dazu beitragen, das Wohlbefinden positiv zu beeinflussen. Menschen, die einn MBSP Basiskurs mitgemacht haben, berichten, dass sie leichter ihre Probleme bewältigen können. Die achtsame Stärkenorientierung unterstützt nachgewiesen dabei, Selbstakzeptanz und Selbstwirksamkeit zu stärken. Die Teilnehmenden berichten von positiven Effekten in ihren Beziehungen und der Bewältigung ihres Alltags. All dies unterstützt sie dabei, die traumatisierenden Erlebnisse integrieren und verarbeiten zu können.
Das MBSP-Programm ist das einzige stärken-basierte Achtsamkeitsprogramm. Die Betonung der Charakterstärken schließt explizit Leid, Probleme oder Schwierigkeiten nicht aus. Im Gegenteil: Es eignet sich hervorragend als nachhaltige Selbsthilfemöglichkeit, die ergänzend zu einer Therapie oder später zu jeder Zeit immer wieder unterstützend wirkt.
5 Wege, wie das MBSP Programm das trauma-sensible Empowerment ergänzt:
- MBSP fördert die Achtsamkeit: Es geht darum, den alltäglichen Autopiloten zu erkennen und auszusteigen. Durch Achtsamkeitsübungen können Betroffene lernen, im gegenwärtigen Moment zu bleiben oder dorthin zurück zu kehren. Dies kann dabei helfen, belastende Erinnerungen und aufkommende Gefühle zu regulieren und ein Gefühl der Sicherheit zu entwickeln.
- MBSP heißt Stärkenorientierung: Das Programm ermutigt Teilnehmende, ihre persönlichen Stärken zu erkennen und zu nutzen. Dies fördert das Selbstvertrauen und die Resilienz. Wer die eigenen Charakterstärken, also das Gute in sich entdeckt, verschiebt automatisch den Fokus auf das Kraftvolle und weg von einer Defizitorientierung – bei sich und bei anderen.
- MBSP hilft Selbstmitgefühl zu entwickeln: Es gibt 24 universelle Charakterstärken und 5 Signaturstärken, die das eigene Verhalten, Denken und Fühlen besonders prägen. Diese Erkenntnis und das Wissen darüber können die Entwicklung von Selbstmitgefühl fördern. Achtsamkeit (statt Autopilot) ist besonders wichtig, um mit den Folgen traumatischer Erfahrungen umzugehen und sich selbst mit Freundlichkeit zu begegnen.
- MBSP fördert selbstbestimmtes Handeln, Fühlen, Denken: Indem das Programm Teilnehmende dazu anregt, das Beste in sich (best-self) zu entdecken und zu nutzen, unterstützt es Autonomie und das Gefühl der Selbstwirksamkeit.
- MBSP verbessert Beziehungen: Achtsames Zuhören und Sprechen sind wesentlicher Bestandteil jedes MBSP Programms. Dazu gesellen sich Die oben genannten Aspekte, die sich positiv auf das eigene Wohlbefinden auswirken. Nicht zuletzt ist es doch so, dass wer seine Stärken erkennt und nutzt, die der anderen klarer sehen und wertschätzen wird. Ein plus für jede beziehung und besonders wertvoll im beruflichen Kontexten.
Obwohl spezifische Studien zur Anwendung von MBSP im Kontext von Trauma noch begrenzt sind, weisen die vorhandenen Evaluierungen auf nachhaltig positive Wirkungen der stärkenbasierten Achtsamkeitspraxis hin. Die Forschungstätigkeit ist im vollen Gange. Deshalb ist MBSP kein statisches Programm, sondern bezieht immer die neusten Erkenntnisse über Achtsamkeit und Charakterstärken mit ein.
Die Prinzipien des Programms deuten darauf hin, dass es als ergänzender Ansatz im Rahmen eines trauma-sensiblen Empowerments eine wertvolle Unterstützung dein kann. Sollte Du neugierig geworden sein oder Lust bekommen haben, mehr über MBSP zu erfahren , dann melde Dich gerne bei mir hier. Den ersten trauma-sensiblen MBSP Kurs führe ich ab August 2025 bei der AKV-NRW für Betroffene der Kinderverschickungen durch.