Vergänglichkeit und Tod sind Themen, die gerade im November ins Bewusstsein kommen. Wenn (zumindest in Europa) die Dunkelheit immer länger wird, wenn viele Tage düster und nass sind, wenn die Bäume als kahle Gerippe an den stetigen Wandel erinnern, dann greift eine nachdenkliche Stimmung um sich. Der November beginnt in Deutschland nicht nur mit Stürmen, sondern auch mit den Feiertagen Allerseelen und Allerheiligen. Es gibt vor Beginn der Adventszeit den Totensonntag. Tod und Vergänglichkeit sind in Themen, die sich im Spätherbst aufdrängen.
Warum ist es sinnvoll, wenn du dich mit der eigenen Sterblichkeit auseinandersetzt? Welche Rolle spielt es für deine gesunde Longevity? Und welche Wege stehen dir zur Verfügung, um mit der Endlichkeit leben zu können und dem Tod den Schrecken zu nehmen?
Es geht um die Aussöhnung mit dem unvermeidlichen Tod.
Zunächst will ich kurz mein Zugang zum Thema erläutern: Es war Anfang November 2019, als mein Vater beschlossen hat zu sterben. „Ich habe das ja noch nie gemacht“, meinte er damals, „ich weiß ja auch nicht, wie das geht.“ Er war knapp 92 Jahre alt, als er seine Dialyse Behandlung beendete, wohlwissend, dass er keine 14 Tage überleben würde. Er wohnte alleine zuhause. Meine Schwester und ich übernahmen die Aufgabe, ihn beim Sterben zu begleiten.
Für uns war es völliges Neuland. Die Enkel halfen ab und zu, aber wir hatten bis auf eine Hausärztin niemanden, der/die uns zur Seite stand. Es begann sie wohl intensivste Zeit in meinem Leben, abgesehen von den Geburten meiner Kinder. Mein Vater starb am 14. November an einem sonnigen Tag. Ich möchte die Erfahrungen nicht missen und sie bedeuten mir viel. Meine Fähigkeit mit dem Tod zu leben hat sich transformiert.
Zurück zur Ausgangsfrage: Warum ist es sinnvoll, sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen?
Zum Ersten baust du Berührungsängste mit dem Thema ab. Die eigene Sterblichkeit ist die große Unbekannte in deinem Leben. Sie ist unabänderlich. Sich damit zu beschäftigend ist belastend und es ist vollkommen nachvollziehbar, dem möglichst aus dem Wege zu gehen. Dennoch ist das Wissen um die Endlichkeit richtungsweisend für heutige Entscheidungen. Worauf willst du eines Tages zurückblicken? Dein Leben betrachtest du aus einer anderen Perspektive und manch eine Gewichtung verschiebt sich dadurch. Aus der Metaebene gesehen, werden alltägliche Herausforderungen, Beziehungen aber auch deine Verhaltensweisen in einen breiteren Zusammenhang gestellt. Je früher du vom Ende her denkst, desto zufriedener bist du wahrscheinlich am Ende deines Lebens. Insofern zahlt diese Perspektive auch auf eine gesunde Longevity ein.
Zum Zweiten zeigt sich, dass das Sterben nicht unbedingt schrecklich sein muss. Menschen, die es schaffen gelassen, froh und dankbar das Unabänderliche anzunehmen, tun sich leichter loszulassen. Schlussendlich sterben wir alle. Die Forschung belegt, dass Menschen die spirituell oder religiös verbunden sind, mit mehr Vertrauen und weniger psychischen Leid ihrem Ende entgegen gehen können.
Drittens kann die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod dabei helfen, der Angst die Stirn zu bieten. Kulturell bedingt ist Tod und Sterben in unserer Gesellschaft kein Thema. Die traumatisierten Kriegs-Generationen vor uns haben (auch ohne Worte) vermittelt, dass Tod eng mit schrecklichem Horror verbunden sein muss. Hand aufs Herz, hast du mehr Angst vor dem Tod oder Angst vor dem Sterbeprozess? Meistens spielt zweiteres eine größere Rolle. Da ist die Angst vor Hilflosigkeit, vor Schmerz und Einsamkeit. Dieses Szenario zu durchdenken, macht also Sinn. Es spricht viel dafür, die Eckpunkte für diesen Weg vorzubereiten.
Was kannst du für dich tun, um mit Gelassenheit mit der eigenen Endlichkeit zu leben? Wie kannst du dich im Sinne einer freudvollen und gesunden Longevitiy mit dem Tod aussöhnen?
5 Wege, mit denen du dir das Leben mit dem Tod leichter machen kannst.
- Wenn Sterben und Tod in deinem Leben vorbeischauen, dann schaue nicht weg. Gehe dem nicht aus dem Weg, sondern mutig darauf zu. Beispielsweise, könntest du deine sterbenskranke Tante besuchen, obwohl es dir mulmig dabei sein mag. Dass solche Situationen kein Spaziergang im Sonnenschein sind, ist klar. Allerdings können ehrliche Gespräche nicht nur für die sterbende Person, sondern gerade auch für dich eine Bereicherung sein. Gehe mit Mitgefühl, Offenheit und stimmiger Neugier hin, wenn der Tod in dein Leben tritt.
- Ein weiterer Weg, wie du dich mit dem Thema auseinandersetzen kannst, ist, deiner eigenen Endlichkeit gedanklich nachzuspüren. Frage dich, was du tun würdest, wenn du wüsstest, dass du nur noch einen Monat zu leben hättest. Was wäre das Wesentlichste, Wichtigste für dich? Welche Endscheidungen würdest du treffen?
- Weiterhin könntest du überlegen, welche Menschen dich in deinem Leben begleitet und geprägt haben. Rede mit ihnen drüber. Schreibe, wenn du magst, persönliche Dankbarkeitsbriefe. Idealerweise gib sie ihnen. Wie oft hast du schon gedacht: „Ach, hätte ich das (xy) mal gesagt“?
- Außerdem ist das Thema Loslassen direkt mit dem Tod verbunden. Wie ist dein Verhältnis zum Gehenlassen? Am Ende deiner tage kannst du nichts mitnehmen. Was bedeutet Besitz für dich? Überlege, was du mit warmen Händen verschenken kannst. Alles ist vergänglich und Loslassen zu können ist eine wichtige Übung.
- Schlussendlich kannst du dir ansehen, wie du in der Vergangenheit mit Trauer und Verlust umgehen konntest. Die Verarbeitung dauert seine Zeit und zunächst ist da immer ein Schock bezüglich der Endgültigkeit. „Wie gemein. Das kann doch nicht sein…“ Das ist normal und vollkommen nachvollvollziehbar. Was hat dich damals unterstützt? Was hat dir geholfen? Thematisiere auch dies mit Menschen, denen du vertraust.
Für mich war das Sterben meines Vaters wie eine Geburt. Nur eben mit anderen Vorzeichen. Es nutzt nichts: Es ist eine Zeit los zu lassen und zu vertrauen. Der Tod gehört als Thema zur gesunden Longevity genauso wie das psychologische Wohlbefinden, gute Beziehungen und positive Emotionen. Solltest du für dich Gesprächsbedarf haben, dann freue ich mich über deine Nachricht hier.